Café im Parkhaus Lietzensee
Innenraumentwurf | Wintersemester 2015/2016 | Prof. Schöller
Allgemein
Das Parkwächterhaus am Lietzensee entstand im Jahre 1925 als Parkverwaltungsgebäude mit Verkaufsstelle für Milch und Mineralwasser. Dazu bot es Sanitäranlagen für die Parkbesucher. Im Jahr 1971 wurden die Räumlichkeiten im Erdgeschoss um einen Teil des vorherigen umlaufenden Kolonnadenganges erweitert und ein Kiosk zog in das Gebäude ein. Mit der Aufgabe des Kioskes 2012 wurde das Gebäude zunehmend Opfer von Vandalismus und die Sanitäranlagen wenig später geschlossen. Die 2014 gegründete Bürgerinitiative ParkHaus Lietzensee e.V. wurde gegründet, als sich herumsprach, dass die Bezirksregierung das Gebäude wiederbeleben möchte. Die Initiatoren sind allesamt Nutzer des Parks und erarbeiteten zusammen ein Konzept für eine Wiedereröffnung des Parkhauses mit einem Café als zentralen Treffpunkt. Ziel war eine denkmalgerechte Sanierung bis zum Sommer 2016. Auf Grundlage dieser Planung sollten Studenten ihre eigenen Konzepte für eine kleine Ausstellung in Berlin erarbeiten.
Grundlagen
Die Grundlage meiner Planung war es, das vom Verein vorliegende Konzept aufzugreifen und dabei die eigene Note einfließen zu lassen. Ziel war es, ein Café zu entwerfen, welches auch wortwörtlich dem Namen gerecht wird. Es soll sich in eine Reihe klassischer Caféhäuser einreihen, ohne dabei klischeehaft oder abgehoben zu wirken. Authentizität und Qualität des Ambiente stehen an vorderster Stelle. Ein großer Faktor meiner Überlegung war es, dass sich dieses Café auch rentieren muss, da die Unterhaltskosten für jenes und das gesamte Haus nicht unerheblich sein werden. Die bisherige Raumplanung für 19 Personen erachtete ich nicht als effizient genug. Somit sollte der Raum nicht nur effizient, sondern auch qualitativ eingerichtet werden. Das Café soll neben Heiß- und Kaltgetränken auch kleine Speisen wie Kuchen und Törtchen anbieten. Dies ermöglicht einen Platzbedarf der Küche, welcher gemessen an der verfügbaren Grundfläche nur gering ausfällt. Um wiederkehrenden Vandalismus an Sanitäranlagen zu verhindern, sind diese nur während der Öffnungszeiten des Cafés nutzbar und durch das Café zugänglich.
Vorarbeit
Zur Grundlagenermittung habe ich mich mit den bekanntesten Kaffeehäusern in und um Europa beschäftigt und sie in ihrem Charakter und ihrer Materialität untersucht. Dabei gab es trotz gestalterischer Unterschiede auch viele Ähnlichkeiten. Die dominierenden Farbtöne sind oft dem Kaffee selbst, sowie dem Werkzeug und Geschirr ähnlich, mit denen er verarbeitet und serviert wird. Dies sind vor allem erdfarbene Töne, darunter Braun, Rot, Beige und Gelb in verschiedenen Schattierungen. Das Verwenden dieser Farben erzeugt beim Betrachter im richtigen Kontext eine Assoziation mit dem Kaffee und seinen Produkten, die aus ihm hergestellt werden. Es fördert auch das Erlebnis des Cafébesuches und ist der Grund, weshalb ich mich bei der Raumgestaltung mit diesen Farben befassen will. Sofern sich Form und Farben oft ähnlich, sehen die Grundrisse der Cafés doch sehr unterschiedlich aus – strukturiert, chaotisch, geordnet, verschlungen, groß- und kleinräumig.
Erste Schritte
Der Gastraum ist der Schwerpunkt der Planung in diesem Entwurf. Daher habe ich in ersten Gedankengängen verschiedene festverbaute Sitzlandschaften ausprobiert. Aufgrund der Raumgeometrie und der Lage des Einganes und Durchganges würde eine durchgehende Sitzlandschaft immer getrennt sein, wobei im rechten Bereich des Raumes ohnehin wenig Spielraum aufgrund von Bar und Bewegungsflächen verfügbar ist. Dabei wurden 3 Konzepte geprobt.
Alle Konzepte beinhalteten 4 Tische und eine jeweils andere Anzahl von Personen am Tisch. Dabei sind die ersten zwei Konzepte mit einen orthogonalen System entworfen, dessen Form einmal sehr hart und einmal abgerundet erscheint. Im zweiten Konzept trennt ein als Raumtrenner fungierendes Bücheregel für eine räumliche Trennung vom Rest des Raumes. Das letzte Konzept ist mehr fluid gehalten und versucht anhand einer geschwungenen Leitlinie einen dynamische Sitzlandschaft zu erzeugen.
Alle 3 Konzepte wurden aus dem Grund verworfen, dass sie einen nicht als groß wahrnehmbaren Raum noch weiter zerteilen und verkleinern und somit wahrscheinlich keinen Mehrwert erzeugen. Ebenso zu kritisieren war der große Unterschied zwischen dem rechten, eher lockeren Thekenbereich und dem linken vollverkleideten Raumteil. Um ein einheitliches Konzept zu erarbeiten, waren größere Änderungen am Raum selber nötig geworden.
Umsetzung
Viele Aspekte der bisherigen Planungen fand ich optimierungsfähig. Die aktuelle Wegführung stand einer konsequenten Raumgestaltung im Weg, daher wurden einige Änderungen an der Raumorganisation vorgenommen. Die Sanitäranlagen von Damen und Herren tauschen die Plätze, Kinder-WC und Behinderten-WC werden in einem Raum zusammengeführt. Die Trennwände werden massiv aufgezogen und erschaffen in den Sanitäranlagen ein wertigen Raumeindruck.
Als Bestuhlungskonzept wird ein orthogonales System von Einbaumöbeln mit integrierten Bücherregalen und Pfanzenkästen angewandt. Es gibt verschiedene Tischgrößen für 2, 4, 6 und 8 Personen. Damit können auch größere Familien einen gemeinen Platz bekommen. Die Küche bekommt einen neuen Zugang neben dem Vorraum des Herren-WCs. Die neue Bar liegt nun gegenüber des Eingangs und schafft für die Cafébedienung eine gute Übersicht im Raum. Gleichzeitig bietet sie eine soziale Kontrolle, wer die Sanitäranlagen nutzt. Die Fassaden an den südlichen Eckbereichen wurden durch normale Fenster ersetzt, dafür bekommen West- und Ostende des Raumes bodentiefe Fenster für mehr Tageslicht.
Materialisierung
Aufbauend auf der Grundlagenforschung zur Materialität und dem Farbspektrum von Cafés, werden nun Materialien gewählt, welche beim Café zum Einsatz finden. Aufgrund des angrenzenden Spielplatzes ist Sandstein mit einer fein gestocken Oberfläche ideal geeignet, um den vom Sandkasten hereingetragenen Sand nicht als Raumverschmutzung wahrzunehmen. Bei der Möblierung wird auf exotisches Holz verzichtet und auf gebeiztes Eichenholz gesetzt, um eine gute Klimabilanz mit heimischen Resourcen zu bewahren. Mokkafarbendes Leder bildet ein für Cafés klassisches Bezugsmaterial und ist farblich auf das Hauptthema Café abgestimmt. Lehmputz kommt aufgrund seiner bauphysikalischen Eigenschaften sowie seiner kulturellen Bedeutung dazu. Gleichzeitig ist Lehm ein populärer Baustoff in den Herkunftsländern des Kaffees.
Lichtplanung
Bedingt durch den baulichen Bestand ist die Versorgung mit Tageslicht nicht ausreichend, um noch in der Dämmerung bzw. ohne Sonnenschein auf Kunstlicht zu verzichten. Durch die Eingangsfassade und die beiden neuen bodentiefen Fenster an der Ost- und Westseite tritt nach der Beschneidung des Parkgrüns mehr Licht in den Gastraum ein.
Für das Café wird eine Kunstlichtplanung vorgesehen, welche das Ambiente durch die Materialität unterstreicht und eine persönliche Atmosphäre mit Betonung der Sitzplätze schafft. Eine raumausfüllende Allgemeinbeleuchtung ist nicht deswegen nicht vorgesehen. Lediglich Eingangsbereich und Thekenbereich verfügen über gesonderte Lichtquellen um sicheres Verkehren und Arbeiten zu ermöglichen. Die zwei Leuchtentypen für den Raum bestehen aus Aufbaustrahlern und Pendelleuchten. LEDs als gewähltes Leuchtmittel sorgen für eine energieeffiziente Beleuchtung des Gastraumes. Um die Materialität des Raumes so authentisch wie möglich darzustellen, wird ein Farbwiedergabeindex von Ra 95 und eine Farbtemperatur von 2700 Kelvin für die LEDs gewählt.